Kann man die Koi-Herpes Krankheit bei Karpfen bekämpfen?

Kann man die Koi-Herpes-Krankheit bei Karpfen bekämpfen?

Herr Dr. Geldhauser vom Bayer. Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Herr Wedekind vom Institut für Fischerei, Herr Scheinert und Herr Feneis vom Fischgesundheitsdienst Bayern haben sich mit dieser Frage unter anderem beschäftigt und ihren zusammenfassenden Bericht in der Fachzeitschrift "Fischer undTeichwirt" veröffentlicht.

Wegen der Wichtigkeit des Problems haben wir wesentliche Teile aus der Zusammenfassung und den Schlussfolgerungen an dieser Stelle abgedruckt.

 

Im Zusammenhang mit den insgesamt in bayerischen Teichwirtschaften verzeichneten, rückläufigen KHV-Seuchenfällen (kein Fall in 2008, nur ein Fall in 2009) ist festzustellen, dass in bayerischen Teichwirtschaften offenbar trotz weiter Verbreitung des KHV-Virus in den vergangenen Jahren keine nennenswerten klinischen Verläufe mit Verlusten aufgetreten sind.

 

Die Bekämpfung einer Seuche ergibt nur dann einen Sinn, wenn sie inselartig auftritt und die befallenen Bereiche oder Betriebe von anderen unterscheidbar sind und abgegrenzt werden können. An den Ergebnissen des KHV-Teichmonitorings ist jedoch erkennbar, dass dieses Virus flächenhaft auftritt. Es ist anzunehmen, dass sich diese Situation nicht nur auf Bayern beschränkt. Das Monitoring erbrachte in zwei Fällen konkrete Hinweise, dass auch Importkarpfen aus Tschechien und Ungarn Antikörper im Blut hatten.

 

Auch lässt die Struktur der bayerischen Karpfenteichwirtschaft mit ihren zahlreichen zusammenhängenden Anlagen eine Isolierung infizierter Einheiten nicht zu. Das macht eine Bekämpfung in der Teichwirtschaft aussichtslos. Zu berücksichtigen ist weiterhin die völlige Einbindung der Karpfenteiche in die freie Natur. Anders als z. B. bei der Geflügelhaltung oder der Forellenteichwirtschaft, ist der Eintrag der Erreger durch wildlebende Tiere oder durch unkontrollierten Besatz nicht zu verhindern und sind Desinfektionsmaßnahmen nur sehr ungenügend wirksam.

 

Ein wesentliches Kriterium bei der Entscheidung über Maßnahmen zur Tierseuchenbekämpfung ist das Verhältnis zwischen dem Aufwand für solche Maßnahmen (z. B. Räumung, Keulung, Desinfektion) und den wirklich zu erwartenden wirtschaftlichen Verlusten. Unter der Feststellung einer stattgefundenen natürlichen Immunisierung der Fische sind Bekämpfungsmaßnahmen auch nicht erforderlich. Es traten vergleichbare Zustände bereits vor einigen Jahrzehnten beim Seuchenzug der Frühjahrsvirämie (SVC) des Karpfens auf. Auch hier kommt es mittlerweile zu keinen oder nur minimalen Ausfällen. Aus diesem Grund entfernte 2008 die EU-Kommission schon nach kurzer Zeit wieder die SVC aus Anhang IV der EU-Fischseuchenrichtlinie.

 

Da die vorliegenden Untersuchungen zeigen, dass bei der KHV sehr ähnliche Verhältnisse vorliegen, wird empfohlen, auch die KHV aus Anhang IV zu entfernen und zugleich die Anzeigepflicht zurückzunehmen.

 

In der Zeitschrift "Fischer & Teichwirt", Ausgabe 2/11, hat Herr Dr. Piwernetz unter der Überschrift "KHV " eine unendliche Geschichte" ausführlich darüber berichtet und die Erkenntnisse aus der Praxis miteinbezogen. Die Resonanz war eine breite Diskussion von mehreren tausend Teichwirten und Fachleuten in der Berufsfischerei, deren Ergebnis eindeutig war: Die Forderung des VBB ist berechtigt, die Begründungen und angeführten Argumente sind richtig. Hier geht es nicht um die Meinung Einzelner, sondern vielmehr um die Meinung der Fischerei. Die Beschlüsse in den Organen des bayerischen Berufsfischerverbandes wurden ausnahmslos einstimmig angenommen. Rund 60 % der deutschen Karpfenteichwirtschaft ist bekanntlich in Bayern. Der VBB hat sich in den letzten mehr als 30 Jahren regelmäßig mit dem Thema Fischkrankheiten beschäftigt und aus guten Gründen sich von Anfang an gegen die Einbeziehung der Karpfen in die EU-Verordnung eingesetzt. Leider hat man die Erfahrungen und Forderungen der Karpfenteichwirte genauso ignoriert wie die Stellung des bayerischen Landwirtschaftsministeriums. Vom zuständigen Ministerium in Berlin muss erwartet werden, dass es im Rahmen seiner Möglichkeiten alles tut, damit es kurzfristig zur Änderung der EU-Fischseuchenverordnung kommt.

 

Die mitteleuropäische Karpfenteichwirtschaft, bestehend aus Tschechien, Österreich, Deutschland, Frankreich und Polen hat eine Resolution verfasst und an die Kommission gerichtet, in der folgendes gefordert wird:

 

Aufgrund der derzeitigen Ergebnisse des KHV-Monitorings in Deutschland soll die KHV aus der Liste der nicht exotischen Krankheiten Teil 2 des Anhangs IV der Richtlinie 2006/88 EG gestrichen werden. Die Krankheit erfüllt nach heutigem Kenntnisstand nicht die Kriterien für eine Aufnahme in diese Liste:

 

  1. Die KHV ist mit großer Wahrscheinlichkeit in Europa endemisch.
  2. Die Karpfenbestände in Europa haben überwiegend Immunität gegen KHV erworben.
  3. Die KHV kann wegen der vernetzten Lage von Naturgewässern und Teichen nicht nachhaltig isoliert und von Aquakulturbetrieben ferngehalten werden.
  4. Die Kosten für die Maßnahmen zur Bekämpfung der KHV übersteigen bei weitem die Kosten aus Schäden durch Seuchenausbrüche.

 

Der VBB in Nürnberg hat anhand von zehn Punkten darauf hingewiesen, dass wegen der Gesamtproblematik die Verordnung zu ändern ist. Für die Karpfenteichwirte ist das Problem nicht die Krankheit sondern die Verordnung mit ihren massiven Eingriffen in das Privateigentum, den Markt und in den Betriebsablauf mit erheblichem Aufwand für die Verwaltung (Buchführungspflicht, Lieferbedingungen, Kontrollen usw.).

 

Von Seiten fachlich qualifizierter Veterinäre, die über ausreichende praktische Erfahrung verfügen wurde klar und unmissverständlich festgestellt, dass eine sinnvolle Bekämpfung aus einer Reihe von Gründen nicht möglich ist und deshalb die EU-Verordnung geändert werden muss.

 

 

Zusammenfassung:

Aus den aufgezeigten Berichten und Informationen ist die Frage, ob die Koi-Herpes-Krankheit bei Karpfen bekämpft werden kann, eindeutig mit nein zu beantworten.

 

 

Welche Änderungen sind möglich und notwendig?

Wenn in der EU-Verordnung v. 24.11.08 unter anderem angegeben wird, dass seuchenbedingte Schäden in der Karpfenteichwirtschaft verhindert oder reduziert werden, dann setzt dies voraus, dass eine Umsetzung in den Betrieben möglich ist. Für den Fall, dass eine vertretbare Durchführung der Maßnahmen nicht möglich ist, sind die Karpfen aus der Verordnung insgesamt herauszunehmen.

 

In der bayerischen Karpfenteichwirtschaft ist eine Bekämpfung der Krankheit jedenfalls nicht möglich und deshalb gibt es keinen Grund für eine Durchführung in den Betrieben. Wenn eine Verordnung so massiv und nachhaltig in das Eigentum eingreift, wären wichtige Gründe die Voraussetzung für die Durchführung. Eine gerichtliche Überprüfung der Angelegenheit ist überfällig.

 

Für eine Änderung von Gesetzen und Verordnungen ist die Politik zuständig. Mehrere Abgeordnete des bayerischen Landtages, u. a. Frau Karl von der SPD, Herr Dechant von der FDP oder Herr Füracker von der CSU haben sich mündlich und schriftlich dafür ausgesprochen, dass die KHV aus Anhang 4 der Verordnung herausgenommen wird.

 

(Notwendig ist ein Beschluss des Landtages, weil die Krankheit nicht bekämpf werden kann und das Ganze gegen den erklärten Willen der Teichwirtschaft durchgeführt wird.)

 

Hier wird einfach eine Verordnung über die Karpfenteichwirtschaft gestülpt und der Teichwirt kann nicht nachvollziehen, was diese sinnlosen Maßnahmen Positives bewirken sollen. Es gibt keine Hilfe für die bayerische Teichwirtschaft in diesem Bereich. Die ganze Verordnung trägt dazu bei, die Situation der Betriebe wesentlich und nachhaltig zu verschlechtern.

Stulln, 10.10.11

TEGO

 

Der Arbeitskreis für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten der CSU-Fraktion hat sich mit der KHV-Krankheit bei Karpfen befasst. Dabei wurde dieses komplexe Thema intensiv mit dem Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit (StMUG) diskutiert. Die Frage, ob die KHV erfolgreich mit einem vertretbaren Aufwand bekämpft werden kann, stand im Mittelpunkt der Beratungen. Wegen unterschiedlicher Meinungen hat der Vorsitzende, Herr Abgeordneter Füracker, mitgeteilt, dass dieses Thema in der Sitzung am 06.12.11 erneut auf die Tagesordnung gesetzt wird. Im Gegensatz zur letzten Sitzung werden die Vertreter der Verbände dazu geladen, damit eine zielführende Diskussion mit den Politikern im Ausschuss, dem zuständigen Ministerium und den Vertretern der bayerischen Teichwirtschaft geführt werden kann.

Stulln, 14.11.11

AKTUELLES (Stand 18.01.2023)
Die EU-Kommission hat den Fischseuchen - Tiergesundheitsrechtsakt (AHL) neu geregelt. Die KHV ist danach in die niedrigst mögliche Stufe eingeordnet. Das bedeutet, dass von Seiten der EU die bisherigen Regelungen entfallen. Mit Recht wird die KHV als harmlos bezeichnet. Das war sie schon immer wie obige Ausführungen zeigen. Es liegt nun an den Ländern, ob sie alte Regelungen aufrecht erhalten oder nicht. Was bleibt ist eine Überwachung der Teiche was in Bayern praktisch jeder Teichwirt im eigenen Interesse erledigt. Dazu gibt es keine vergleichbar wirkende Alternative. Wenn man in Bayern die Eigenkontrolle so darstellt, dass der Teichwirt eine zugelassene externe Person beauftragen muss, der auf seine Kosten seine Teiche besichtigt, dann ist nicht nur die Bezeichnung falsch, es fehlt auch die Erklärung, warum man diese Verpflichtung, diese kostenpflichtige sogenannte Eigenüberwachung aufrecht erhalten will.